Donnerstag, 19. Mai 2011

Sauber werden ohne Manipulation

Brederhorn/Pixelio
Meine Schwiegermutter lobt unsere über den grünen Klee. Und dabei wirkt sie so authentisch, liebevoll und ermutigend, dass es mir glatt die Sprache verschlägt. So hat sie es wohl früher auch bei ihren eigenen Kindern gemacht. Toll - denken sich sicher viele, was für eine Super-Mama-Oma... Oder nicht? Eher nein, ist da unsere Einstellung, denn Lob ("Hast du ganz toll gemacht") manipuliert den noch unverbildeten Geist eines Kindes. Ich zwinge ihm damit auf eine raffinierte (oberflächlich liebevolle) Weise meinen Willen auf. Darüber hinaus fördere ich damit die Abhängigkeit des Kindes von lobenden Worten. Die Programmierung lautet: Nur, wenn ich gelobt werde, bin ich richtig, bin ich gut, bin ich liebenswert. Oder im Umkehrschluss: Wenn ich nicht gelobt werde, mach ich etwas falsch und bin nicht mehr (so) liebenswert. Mein gesunder Menschenverstand und Jesper Juul sagen hier: Stopp, so nicht.
Konkretes Beispiel: Das Sauberwerden oder der freiwillige Gang aufs Töpfchen/aufs Klo. Ich wünsche es mir sehr, schon mindestens ein Jahr. Seitdem Melly keine Windeln mehr tragen möchte. Nachts klappt das ja schon lange, aber tagsüber nicht.
Zu Weihnachten hat sie eine Woche lang bei Oma und Opa immer ins Töpfchen gemacht. Wir fanden das klasse. Endlich. Als wir zuhause waren, ging's wieder rückwärts. Bis heute hat sie die 100%-Quote nie mehr erreicht. Wir wissen jetzt: Sie hat das zu Weihnachten nur Oma und Opa zuliebe gemacht, und nicht, weil sie es von sich aus wollte. Genauso zuhause: Wenn sie meine Dringlichkeit spürt, ich sie also mehr oder weniger unter Druck setze, macht sie es mir zuliebe. Wenn ich bei dem Thema gelassen bleibe, dann zeigt sie ihr wahres Bedürfnis: Ich will nicht immer aufs Töpfchen gehen, ich bin doch erst 28 Monate alt. Und ich will, dass du mir das überlässt, wann ich sauber werde. Ich weiß, dass es dir wichtig ist, aber ich brauche noch Zeit.
Seitdem ich da gelassener bin und nicht mehr schimpfe, geht sie wieder viel öfter selbständig und freiwillig auf den Topf, und das ganze Thema ist eigentlich kaum noch eines. Selbst, wenn sie in die Hose macht, zeigen wir ihr: Es ist okay, wir wünschen uns zwar, dass du rechtzeitig Bescheid gibst, aber es ist okay, du bist okay, wir haben dich lieb. Auf diese neue Einstellung bin ich inzwischen mehr stolz als wenn sie jetzt schon sauber wäre. Sie wird's von ganz allein, zu dem für sie richtigen Zeitpunkt und ohne von uns manipuliert zu werden.

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