Mittwoch, 26. Oktober 2011

Ein erstes Fazit unserer "zwanglosen" Erziehung

Zwischenfazit klingt nach ganz langer Testphase. Sind aber nur knapp drei Jahre insgesamt bzw. nun drei Monate, die Melly in die KiTa geht. Ihre Betreuerin hatte uns gewarnt, dass es nicht ohne Tränen abgehen würde, wenn Mellys Mama mehrere Stunden nicht verfügbar wäre. Doch es kam anders. Nach vier Wochen Eingewöhnung (ziemlich lang, zugegeben) klappte es von ganz allein - erst eine Stunde, dann zwei und inzwischen sind drei bis vier Stunden kein Problem mehr. Das zeigt uns, dass wir eigentlich gar nicht so schlecht liegen mit unserer Methode des Nicht-Zwingens bzw. auf freiwillige Kooperation setzen.

Wir haben natürlich auch mit diversen Herausforderungen zu kämpfen - wie jedes Elternpaar. Nun haben wir nur ein Kind (vielleicht wär's mit einem zweiten in mancher Hinsicht einfacher?)... und trotzdem tun wir uns schwer, sie "aus dem Haus" zu kriegen. Ist nix Neues bei Melly und auch als fast 3-Jährige geht sie nur widerwillig nach draußen. Immerhin klappt es mit der Kinderkrippe, eigentlich unglaublich, denn hier muss sie halbwegs früh aus den Federn, kann nur verhältnismäßig wenig zuhause spielen und muss sich dann - igitt :) - anziehen. Sicher könnte unsere Struktur hier noch besser funktionieren, aber da wir auf Freiwilligkeit setzen, braucht es eben viel Flexibilität.

Was bei allen Herausforderungen bislang am besten funktioniert hat, war die "Kompromiss-Lösung". Wenn wir etwas von ihr wollen, kommt entweder ein "nein", was nicht akzeptiert wird, oder ein "zuerst will ich noch dies und jenes machen". Das wird nur unter der Bedingung des anschließenden Nachgebens akzeptiert. Also: Sie darf kurz noch spielen, z.B. fünf Minuten (mit Wecker!), dann wird aufgeräumt oder dann muss sie sich anziehen. Wenn der Wecker klingelt geben wir meistens noch ein paar Minuten drauf, aber dann gibt's kein Zurück. "Auf geht's zum Zähne putzen...". "Aber ich will noch Bücher lesen..." - "Okay, ein Buch, dann wird Zähne geputzt..." So ungefähr. Funktioniert zwar auch nicht immer, aber ok, das hat sich halt so eingegroovt bei uns. Sie weiß, dass wir bisschen nachgeben und wir wissen, wieviel Druck wir ausüben können (je nach Verfassung).

Neben der Kompromissfähigkeit ist die Kreativität nach wie vor besonders gefragt. Wenn Melly z.B. mit der Gabel den Esstisch bearbeitet, dann kriegt sie kurzerhand eine Alternativunterlage (dicker Topflappen ..., Kartoffel...). Allerdings verbunden mit einem "Stop!". Da sie das natürlich nicht so genre hört und oft einfach auch was bearbeiten möchte, braucht's eben gute Ideen. Ein "versuch's doch mal damit..." ist immer noch 1000 mal deeskalierender als ein x-fach wiederholtes striktes "Nein!", das schließlich im Geschrei und in Tränen endet...

Mittwoch, 28. September 2011

Veränderungen machen Angst

Manche Kinder sind vielleicht so robust, dass ihnen eine Veränderung wie ein abgezogenenes Bettlaken nichts ausmacht. Melly ist eher zart besaitet, schon die kleinste Veränderung kann sie aus der Fassung bringen. Zum Beispiel wenn ihr großer Teddybär nicht mehr am üblichen Platz sitzt, das Rollo nach dem Schlafen zu früh hochgezogen wird oder die Decke auf der Couch vor Ihren Augen abgezogen wird, weil sie schmutzig ist. Da können schnell mal Tränen fließen.

Mit nunmehr fast drei Jahren kann sie damit zwar schon besser umgehen, aber auch nur, wenn sie nicht müde oder hungrig ist (oder zahnt - ein Prozess, der leider immer noch nicht ganz abgeschlossen ist). Sie braucht - besonders dann - ganz viel Sicherheit und Geborgenheit und sagt es auch selbst. Beim Spielen mit ihren Tierchen, wenn sie vor sich hin plappert: "Da kannst du gut schlafen, da bist du sicher." Oder sogar im Gespräch mit mir (dem Papa): "Gell Papa, bei dir bin ich sicher" (und dabei kuschelt sie sich ganz eng an mich). Selbst beim gemeinsamen Lesen auf Ihrem Bett möchte sie sich immer an die Wand legen, denn "da hab ich keine Angst, da fühl ich mich sicher."
Wie sehr müssen ihr da erst die durch die KiTa ausgelösten Veränderungen im Tages-Rhythmus zu schaffen machen? Kaum noch Spielzeit morgens, Anziehzwang mit Jacke und festen Schuhen (nicht unproblematisch), Montessori-KiTa-Alltag und eine Mama, die zunehmend gestresster und entnervter ist. An ein Loslassen und "geordneten Rückzug" ist leider noch nicht zu denken. Jetzt steht ein Gespräch an zwischen den Montessori-Pädagogen und uns. Mal sehen, wo das noch hinführt. Wir werden sie jedenfalls nicht zwingen, ins Kinderhaus zu gehen oder gegen ihren Willen dort zu bleiben und einfach zu gehen. Obwohl das auf Unverständnis stößt...

Mittwoch, 14. September 2011

Das Abenteuer KiTa

Montessori Kinderhaus Dachau
Gerade erst ging's um das Thema loslassen und nun kommt es darauf an, den Worten auch Taten folgen zu lassen. Seit dem 1. September geht Melly viermal die Woche in die Kindertagesstätte (KiTa). Mit wechselndem "Erfolg" auf unserer Seite: Obwohl sie gerne hingeht, den Ort und die Menschen dort zum Teil auch schon kennt (u.a. von der Eltern-Kind-Gruppe im letzten Jahr), tut sie sich schwer. Immerhin klappt es mit dem Aufstehen bestens, pünktlich Ende August hat sie ihren Schlaf-Rhythmus von alleine umgestellt. Doch wenn sie morgens erst mal am Spielen ist, fällt es ihr enorm schwer, sich loszureißen und gerne bzw. willig auf den Weg zu machen.

Insofern ging es an den bisherigen sechs sieben einmal gar nicht und zweimal nur mit Hängen und Würgen, d.h. zu spät. Auch diesen Montag (12. Sept.) klappte es nicht ohne eine längere Überredungsprozedur. Sie ist zurzeit extrem aufsässig und reagiert nicht gut auf Grenzen, auf "Nein!, nicht ...", auf "Dochs", auf jegliche Art von Einschränkung. (An zwei Tagen kamen noch Schmerzen durchs Zahnen dazu, das braucht kein Mensch mehr.)

Feste Termine sprengen die Gewohnheit
Die Gewohnheit, vormittags keinen Termin zu haben, hat sich bei ihr tief eingeprägt. Insofern fällt es ihr innerhalb der Gruppe schwer, die Mama gehen zu lassen. Doch es wird besser. Es sind ja auch nur eineinhalb Stunden. Manchmal hatten wir bereits das Gefühl, eine Viertage-Gruppe könnte für sie noch zu früh sein. Andererseits ist es ermutigend zu sehen, wie sehr sie das Montessori-Material liebt und wie intensiv sie damit spielt. Nein, ein wenig Zuversicht und Durchhaltevermögen sind hier schon gefordert. Am Ende des Monats oder Mitte nächsten Monats wissen wir mehr.

Ganz viel von dem, was wir tun, ist von dem Glauben geprägt, dass es irgendwie aus natürlicher Sicht richtig ist und deshalb auch ohne Zwang, Druck und Geschrei funktioniert. Ohne Tränen geht es aber nicht, das zeigt die Erfahrung bislang. Die Umstellung ist größer als gedacht und bei einem kleinen, sehr sensiblen Menschen wie Melly ruft das bereits viel inneren Widerstand hervor.

Meine Frau hat kürzlich gelesen, dass ein Kind aktiv auf andere Kinder zugehen soll, bevor man es in einen Kindergarten steckt. So gesehen wären wir definitiv zu früh dran, denn davon ist Melly mit ihren 2 3/4 Jahren noch weit entfernt. Doch leider müssen wir hier auch wirtschaftliche Gründe ins Feld führen, die allerdings nicht näher erläutert werden sollen. Außerdem glauben wir, dass ihr die KiTa gut tut, da sie keine Geschwister und auch sonst wenig Kontakt zu anderen Kindern hat. Und Mama und Papa als Spielkameraden macht auf Dauer niemand froh.

So bleibt das "Abenteuer KiTa" vorerst ein Drahseilakt mit ungewissem Ausgang. Ein Netz ist da: Falls es nicht klappt, suchen wir eine Tagesmutter für zwei Tage die Woche...

Mittwoch, 10. August 2011

Selbständig werden und Mama gehen lassen

Wow, dieser Blog ist so lange nicht "aktiv" besucht / betrieben worden, dass Google sogar die Werbung von der Seite genommen hat. Find ich lustig. So schreib ich diese Zeilen wohl nur für mich und Nele (wenn Sie in 15 Jahren vielleicht mal Interesse daran haben sollte).

Wir hören öfter mal unseren kleinen, zweieinhalbjährigen Nachbarsjungen bitterlich weinen. Es ist auffällig, dass er besonders viel und lange weint, wenn er wochentags morgens geweckt wird. Eine Stunde später geht's dann zur Tagesmutter. Bis dahin hat er sich meistens wieder beruhigt, aber auch auf dem Weg nach draußen weint er noch hin und wieder.
Einen Zusammenhang zwischen frühem Aufstehen, Tagesmutter und Weinen herzustellen wäre unfair. Zumal wir hier nichts aus erster Hand wissen. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass hier ein Zusammenhang besteht. Laut Jesper Juul und anderen Erziehungsexperten (unseres Vertrauens) ist es gut, wenn Kinder bis zirka zum dritten Lebensjahr bei der Mutter bleiben bzw. noch nicht regelmäßig weggegeben werden. Da gibt's natürlich riesige Unterschiede (Oma, Tagesmutter, Kinderkrippe etc.), letztlich muss das ja auch jeder selbst wissen.
Wir sind der Meinung, dass es gut ist, wenn das Kind - solange es die Umstände zulassen - bis ungefähr zum dritten Lebensjahr zuhause bleiben darf. Gefühlsmäßig schafft es Melly inzwischen besser, ihre Mama für mehrere Stunden (4-5) am Stück wirklich loszulassen. Gut, sie ist dann mit Papa oder der Oma zusammen, das ist noch kein Härtetest, aber immerhin. Jedenfalls ist sie so verständig, dass wir sie auch mal fragen können: "Mama fährt jetzt zu einer Freundin nach xy - ist das okay für Dich?" Wenn sie in einer guten Verfassung ist, sagt sie in der Regel ja.
Wir bereiten Sie aktuell darauf vor, dass sie ab September vier Tage die Woche in die KiTa gehen wird. Also nicht mehr zur Lilimaus und der sog. "Mäusegruppe", sondern zur Schnecke Lilli und den größeren Kindern. Sie versteht das und freut sich. Jetzt sind wir natürlich gespannt, wie es mit der rund zweiwöchigen Eingewöhnung klappen wird. Insbesondere, weil sie immer noch superspät zu Bett geht und superlange schäft. Zum Wecken konnten wir uns bislang nur äußerst selten durchringen (v.a., weil sich der gesunde Rhythmus bei guter Verfassung von alleine wieder einpendelt).
Klar, man kann das alles auch taffer machen. Fakt ist aber, dass die geistige Reife im Entwicklungs- und Abnabelungsprozess eine große Rolle spielt. Dass sie schon deutlich weiter ist als mit 2 Jahren sehen wir u.a. auch daran, dass sie seit rund zwei Monaten (d.h. mit zweieinhalb) mehrmals am Tag mindestens 15 bis 30 Minuten alleine für sich spielt. Auch hier kam der größere Freiraum für uns von ganz allein und ganz natürlich...

Samstag, 11. Juni 2011

Regeln und Rituale bei Kleinkindern

Ein Post über Regeln ist bei Melly eigentlich nur sinnvoll, wenn sie körperlich und mental fit ist. Da ihr noch zwei Zähne fehlen und diese nun anscheinend mächtig nachrücken, ist das Unterfangen, sich an Regeln zu halten, für sie so gut wie aussichtslos. Dennoch gibt es bei uns natürlich auch dann gewisse Regeln, nur pochen wir dann nicht so konsequent auf deren Einhaltung. Wenn sie in diesem Fall bittelt und bettelt, bekommt sie eben noch eine Rosine mehr als sonst. "Eine letzte, eine allerletzte" sagt sie dann selbst und akzeptiert das dann auch. Wir wissen nur allzu gut, was das Zahnen bei ihr auslöst: Einschlaf- und Durchschlafprobleme, spätes Zubettgehen, Beißen auf alles, was in den Mund passt, provokantes Verhalten (Austesten von Grenzen, Unwilligkeit zu folgen) und ein großes Verlangen nach Sicherheit und Nähe (westhalb sie dann auch nicht aus der Wohnung raus möchte).
Die Kloeters-Elternbriefe (ein respektabler Ratgeber, der auch in der Liedloff- und Juul-Gemeinde Anklang findet) raten in solchen Fällen: "Wenn der Ausdruck oder die Verfassung des Kindes eher schlecht ist, ist Nachgeben angesagt. Wenn die Verfassung gut ist, dann sollte man auf das Einhalten der Regel pochen..."
Was uns dabei hilft, sind wiederkehrende Rituale, insbesondere beim Zubettgehen. Sie macht das sowieso freiwillig, aber da sie morgens und mittags lange schläft, wird sie spät müde und wir versuchen die letzten zwei Stunden mit Bücher und gemeinsamem Puzzeln, die Bettruhe einzuläuten. Schlaflieder tun ihr Übriges, Zähneputzen und Gebet gehören ebenfalls dazu.
Eine weitere Regel, von der wir aber zurzeit öfter abweichen (müssen), ist das Essen am Tisch bzw. im Sitzen. Insbesondere bei Letzteres lassen wir allerdings kaum Nachsicht walten und das wird größtenteils akzeptiert.
Ein besonders hilfreiches Ritual ist das Schunkeln im Tragegurt (-tuch): Wenn das Einschlafen während des Zahnens gar nicht funktioniert: das hilft immer. D.h. dann halt auch mal für den Papa, um 2 Uhr morgens schlaftrunken mit Töchterchen einen Rundgang ums Haus zu machen... man gönnt sich ja sonst nix :)

Sonntag, 29. Mai 2011

Was können Kindern schon entscheiden?

R. Rike - Pixelio.de
Wieviel Entscheidungskompetenz traue ich einem zweieinhalbjährigen Kind zu? Kann es selbst entscheiden, was es anziehen mag, oder muss es das anziehen, was Mama (oder Papa) ihm vorschreiben? Kann es selbst entscheiden, ob es in die Windel oder ins Töpfchen pullern mag, oder muss man ihm einfach sicherheitshalber immer eine Windel anziehen bzw. zwangsweise auf den Topf setzen? Und kann es zum Beispiel auch selbst entscheiden, ob es rutschen mag - oder braucht es da immer wieder den Anporn seitens der Eltern?
Unsere subjektive Antwort: Ja, sie kann. Wir glauben, dass ein 27 Monate altes Mädchen weiß, was es anzieht, ob es Windeln braucht oder wann die richtige Schlafenszeit ist. Denn: Wir haben es erlebt, erfahren, gesehen und gelernt. Ist Melly besonders begabt? Nein, wir wollen sie nur nicht zum angepassten Mitläufer erziehen, der alles tut, weil es ihm so "anerzogen" wurde. Sei es durch Zwang, Disziplinierung oder sanfte Gewalt. Alles geht auch freiwillg, auf natürlichem Wege und von ganz allein. Allerdings dauert es manchmal länger. Das muss man aushalten können bzw. in Kauf nehmen.

Thema Kleidung: Melly sucht sich inzwischen seit mindestens vier Wochen ihre Klamotten selbst aus. Sie hört sich unsere Vorschläge und Argumente an ("zu heiß, zu kalt, nimm doch lieber eine kurze Hose"), manchmal richtet sie sich danach, manchmal nicht. Wenn's ihr dann doch zu heiß ist, zieht sie sich recht bald das Langarm-Shirt über dem T-Shirt aus. Wenn's zu kalt ist, nimmt sie dann eine Jacke, wenn sie friert. Vorher zwingen wir sie nicht. Wird sie krank? Bislang nicht. Natürlich darf sie im Winter nicht barfuß raus, Grenzen setzen wir durchaus. Aber nur so viele wie nötig. Wir sind immer wieder überrascht, wie kompetent Melly ist und wie wenig wie wirklich eingreifen müssen...
Übers Sauberwerden hab ich schon des Öfteren geschrieben - zurzeit läuft's mal wieder nicht so rund (zuhause). Melly möchte keine Windel und nicht auf den Topf, also macht sie (nackig) aufs Parkett und wir wischen mit der Stoffwindel auf... Das ist nicht unbedingt lustig und ich hab oft genug genörgelt. Vorgestern wünschte sich Melly: "Papa soll zum Pipi machen nix mehr sagen... " Mit anderen Worten: Papa, ich weiß selbst, wann der richtige Zeitpunkt ist zum Sauberwerden. Ich bin noch nicht so weit, bitte respektiere das. Im Freien zieht sich sich inzwischen die Hose selbst runter und macht hinter einem Baum oder sie geht auf die Kindertoilette (in ihrer Kindergruppe).
Das Thema "Ansporn zum Rutschen": Ich wünsche mir schon lange, dass Melly Spaß am Rutschen hat und sporne sie immer wieder an. Trotzdem mag sie's nicht, ist unsicher und steigt oft wieder runter von der Rutsche, wenn sie oben ist. Heute hat mich die Geschichte von Puncinello "Du bist einmalig" mal wieder daran erinnert, wie wichtig es ist, so angenommen zu werden, wie man ist... Denn so hat es der Schöpfer gewollt. Er wollte Melly genauso haben, wie sie ist. Sie braucht keinen Ansporn von mir, wenn sie mehrfach klar anzeigt, dass sie etwas nicht mag...

Donnerstag, 19. Mai 2011

Sauber werden ohne Manipulation

Brederhorn/Pixelio
Meine Schwiegermutter lobt unsere über den grünen Klee. Und dabei wirkt sie so authentisch, liebevoll und ermutigend, dass es mir glatt die Sprache verschlägt. So hat sie es wohl früher auch bei ihren eigenen Kindern gemacht. Toll - denken sich sicher viele, was für eine Super-Mama-Oma... Oder nicht? Eher nein, ist da unsere Einstellung, denn Lob ("Hast du ganz toll gemacht") manipuliert den noch unverbildeten Geist eines Kindes. Ich zwinge ihm damit auf eine raffinierte (oberflächlich liebevolle) Weise meinen Willen auf. Darüber hinaus fördere ich damit die Abhängigkeit des Kindes von lobenden Worten. Die Programmierung lautet: Nur, wenn ich gelobt werde, bin ich richtig, bin ich gut, bin ich liebenswert. Oder im Umkehrschluss: Wenn ich nicht gelobt werde, mach ich etwas falsch und bin nicht mehr (so) liebenswert. Mein gesunder Menschenverstand und Jesper Juul sagen hier: Stopp, so nicht.
Konkretes Beispiel: Das Sauberwerden oder der freiwillige Gang aufs Töpfchen/aufs Klo. Ich wünsche es mir sehr, schon mindestens ein Jahr. Seitdem Melly keine Windeln mehr tragen möchte. Nachts klappt das ja schon lange, aber tagsüber nicht.
Zu Weihnachten hat sie eine Woche lang bei Oma und Opa immer ins Töpfchen gemacht. Wir fanden das klasse. Endlich. Als wir zuhause waren, ging's wieder rückwärts. Bis heute hat sie die 100%-Quote nie mehr erreicht. Wir wissen jetzt: Sie hat das zu Weihnachten nur Oma und Opa zuliebe gemacht, und nicht, weil sie es von sich aus wollte. Genauso zuhause: Wenn sie meine Dringlichkeit spürt, ich sie also mehr oder weniger unter Druck setze, macht sie es mir zuliebe. Wenn ich bei dem Thema gelassen bleibe, dann zeigt sie ihr wahres Bedürfnis: Ich will nicht immer aufs Töpfchen gehen, ich bin doch erst 28 Monate alt. Und ich will, dass du mir das überlässt, wann ich sauber werde. Ich weiß, dass es dir wichtig ist, aber ich brauche noch Zeit.
Seitdem ich da gelassener bin und nicht mehr schimpfe, geht sie wieder viel öfter selbständig und freiwillig auf den Topf, und das ganze Thema ist eigentlich kaum noch eines. Selbst, wenn sie in die Hose macht, zeigen wir ihr: Es ist okay, wir wünschen uns zwar, dass du rechtzeitig Bescheid gibst, aber es ist okay, du bist okay, wir haben dich lieb. Auf diese neue Einstellung bin ich inzwischen mehr stolz als wenn sie jetzt schon sauber wäre. Sie wird's von ganz allein, zu dem für sie richtigen Zeitpunkt und ohne von uns manipuliert zu werden.

Mittwoch, 18. Mai 2011

Erkennen, was Sache ist - nicht gleich urteilen - Teil 2

Springfloh in Aktion
Melly dreht spät abends häufig noch mal so richtig auf - springt auf ihrer Matratze rum und läuft durch die Wohnung. Anfangs dachten wir: was ist denn jetzt los - sie will partout nicht ins Bett und pusht sich noch mal noch. Aber genau das Gegenteil ist der Fall: Sie macht sich dadurch müde. Wir wissen es inzwischen aus unserer genaueren Beobachtung und weil sie's und gesagt hat. Und das mit 27 Monaten! Vor dem endgültigen Zubettgehen braucht es allerdings trotzdem noch mal mehrere Minuten der Ruhe - unser Ritual: Buch anschauen ... ganz klassisch also. Sie geht übrigens immer noch völlig freiwillig und gern zubett - wenn auch spät :)

Sonntag, 1. Mai 2011

Grenzen setzen - wie schwer ist das denn?

aboutpixel.de/Konstantin Gastmann

Sauschwer. Jedenfalls für uns. Jetzt, mit 28 Monaten, kracht's so richtig zwischen Melly und uns. Es scheint, als kämen wir ohne Konsequenzen nicht (mehr) weiter. Z.B.: Wir wollten am heutigen Sonntag (1.5.) in den Zoo nach Augsburg, Melly will eigentlich mit, aber bummelt und trödelt und will sich nicht anziehen (lassen). Also klare Ansage: "Mama macht noch einen Versuch, dich anzuziehen, und wenn du nicht mitmachst, dann bleiben wir eben hier." Das wirkte. In diesem Fall war das laute "NEIIIIN!" zu unseren Gunsten auszulegen, denn sie wollte mit und ließ sich anziehen... Alles freiwillig, versteht sich :)
Interessant war auch die Situation vor drei Tagen: Sie wollte unbedingt barfuß auf der Straße laufen, obwohl es gegen 18.30 Uhr trotz Sonnenschein höchstens zwölf Grad kühl war und es tagsüber geregnet hatte. Es war kein Barfuß-Wetter wie am Oster-Montag, als wir alle drei ohne Schuhe über eine kaum befahrene Straße hin- und hergelaufen waren. Unser "Nein" verursachte minutenlanges, beinahe hysterisches Weinen, ihre Vorstellungen und Bitten wurden immer absurder und unser Nein immer heftiger.
Die Deeskalation gelang durch die Mediation ihres Kuschelhasen, der mit ihr sprach (eigentlich war's ja der Papa) und ihr Verständnis entgegenbrachte, so dass erst mal das Weinen aufhörte. Schließlich gingen wir drei (Melly, der Hase und der Papa) vor die Haustür, Melly barfußwo sie sehr schnell merkte, dass es ihren Füßen zu kalt wurde und sie sich ohne zu Murren bereitwillig Schuhe und Socken anziehen ließ. Konflikt beendet, Lektion gelernt :0>

Mittwoch, 20. April 2011

Zahnpflege...: Drei Schritte vor, zwei zurück.

Alexandra H. / pixelio.de
Soll ich wirklich übers Zähneputzen schreiben? Bis vor wenigen Tagen dachte ich: ja, sie ist für ihr Alter da schon sehr weit, putzt regelmäßig abends und lässt uns immer nachputzen. Mindestens drei Wochen lang jeden Abend. Nun sind wir von einem einwöchigen Urlaub zurück, und mit der Regelmäßigkeit ist's schon wieder Essig. Aber egal, das kennen wir ja auch schon beim Schlafengehen oder beim Sauberwerden oder beim Rausgehen... Das funktioniert alles nach dem Motto: Drei Schritte vor, zwei zurück. Und vermutlich ist das auch genau richtig so, um meinen Perfektionismus auszubremsen.

So oder so bin ich ermutigt, wie freiwillig sich Melly MEISTENS die Zähne putzt. Und wie sehr ich da mit meiner Buchauswahl richtig lag: "Mein erstes Zahnputzbuch" (mit einer kleinen, blonden Jana, die ihrem Teddybär das Zähneputzen erklärt) und "Die große Zahnputzparty am Nil" mit einem kleinen, grünen Krokodil, das im Laufe der Geschichte die Vorzüge der Zahnpflege kennenlernt. Beides an einem Vormittag am Flohmarkt erstanden, ich dachte schon, zwei Bücher zum selben Thema ist doch blöd, aber nein, Nele liebt beide heiß und innig und befolgt auch, was drin steht... Hätte ich nie gedacht. Ganz oft geht sie ohne Aufforderung abends vor dem Schlafengehen mit uns in Bad zum Zähneputzen. So, jetzt ist es raus :)

Montag, 28. März 2011

Achtsamkeit ...

... gibt's auch schon bei Kleinkindern. Selbst dann, wenn eine bestimmte Handlung gar nicht vorgemacht oder spzezifisch eingeübt wurde. So geht Melly ausgesprochen vorsichtig mit einem Buttermesser um und reicht es einem von uns mit dem Griff zuerst, wie man das sonst nur von Erwachsenen mit "guter Kinderstube" zu kennen vermeint. Natürlich haben wir ihr den Respekt vor einem Messer oder einer Schere schon sehr früh vermittelt. Aber wie man ein Messer einer anderen Person reicht, hat sie sich womöglich bei uns oder in ihrer Mäusegruppe abgesehen, aber direkt gezeigt wurde es ihr nie.

Maria Montessori schreibt dazu: "Wie wir bei unseren Kindern aber allgemein festelstellen können, ist, dass hinter ihren Handlungen eine Umsicht steht, die es ihne möglich macht, Gefahren zu meiden und doch in deren Mitte zu leben. Hierher gehört die Handhabung von Messern bei Tisch und in der Küche, der Umgang mit STreichhölzern und Beleuchtungskörpern, der unbeaufsichtigte Aufenthalt an Gartenteichen, das Überschreiten einer Straße in der Stadt. Kurzum, unsere Kinder (alle über 6 - Anm. d. Autors) haben ihre Handlungen und zugleich ihren Wagemut in der Kontrolle und so gelangen sie zu Ruhe und Überlegenheit..." ("Kinder sind anders", S. 240)

Donnerstag, 24. März 2011

Jean Liedloff...

J. Liedloff (C. Concept)
... ist gestorben. Schon vor einer Woche - laut Wikipedia am 15. März, nach langer schwerer Krankheit. Für uns war sie der Wegbereiter, ihr Buch "Auf der Suche nach dem verlorenen Glück: gegen die Zerstörung unserer Glücksfähigkeit in der frühen Kindheit" hat uns gleichermaßen sensibilisiert und elektrisiert. Ihre Beobachtungen bei den Naturvölkern im Urwald scheinen uns nicht nur logisch, sondern absolut nachvollziehbar und auch in unserer Gesellschaft umsetzbar - wenn man will. Ich zitiere aus Wikipedia (der Einfachkeit halber):
* konstanter körperlicher Kontakt mit der Mutter (oder anderen Familienmitgliedern) vom Zeitpunkt der Geburt an,
* das Schlafen im Familienbett, bis sie es von sich aus verlassen (oft im Alter von zwei Jahren),
* Stillen nicht nach Zeitplan, sondern nach Bedarf,
* das ständige Tragen auf dem Arm oder anderer Kontakt mit jemanden, üblicherweise der Mutter, und die Möglichkeit zu beobachten (auch: gestillt zu werden oder zu schlafen) während der Träger seinen Tätigkeiten nachgeht, bis das Kind zu krabbeln beginnt, üblicherweise im Alter zwischen sechs und acht Monaten.
* Betreuer sollten unmittelbar auf die Signale der Kinder (wimmern, schreien) reagieren, dies ohne Missmut oder Abwertung der kindlichen Bedürfnisse, aber auch, ohne das Kind zum ständigen Zentrum ihrer Aufmerksamkeit zu machen,
* Kinder, die spüren, dass sie willkommen und wertvoll sind, werden die Erwartungen der Eltern fühlen (und erfüllen), also sozial und kooperativ werden und ein starkes Selbstbewusstsein entwickeln.

In ihrem Buch wird das, was Liedloff später psychotherapeutisch das "Continuum Concept" (CC) nannte, noch "etwas" ausführlicher beschrieben. Nach 27 Monaten des Ausprobierens glaube ich sagen zu können: Liedloff hatte nicht unrecht, auch wenn manche ihr CC mit antiautoritäter Erziehung gleichsetzen oder keine guten Erfahrungen damit gemacht haben wollen. Unsere Erfahrungen sind bisher zu 100% positiv, und wenn sie es mal nicht sind, dann haben wir etwas nicht gut oder richtig umgesetzt. Leider gibt's immer noch genug, die dagegen argumentieren: "Jedes Kind ist anders, jeder nach seiner Facon..." Stimmt und stimmt nicht. Wer die o.g. wenigen Grundsätze beherzigt, dessen Kind profitiert ohne Wenn und Aber. Und innerhalb dieser Grundsätze gibt's genügend Spielraum für Individualität.
So, was das mir wichtig, auch wenn's kein Schwein liest.

Jean: May You Rest In Peace. Thank you!

Montag, 21. März 2011

Freiwilliges Schlafen

R_K by ich (Pixelio)
Für uns ist Mellys Aussage "Heia Bettchen gehen" seit Monaten ganz normal. Entweder will sie dann im Bett spielen und oder kuscheln oder eben schlafen. Das Bedürfnis, schlafen zu gehen, äußert sie schon seit mindestens einem Jahr - sie ist jetzt 27 Monate alt. Was für uns Normalität ist, scheint für manche ein kleines Wunder: "Ein Kind, das freiwillig ins Bett geht und das auch artikuliert ist mir noch nicht begegnet", sagte Mellys Onkel, als das Kind am Geburtstagsabend seiner Oma Anfang März sich um 20 Uhr ins Bett verabschiedete. Für mich war sein ungläubiges Erstaunen jedenfalls eine ermutigende Bestätigung, dass wir auf einem guten Weg sind...

Sonntag, 13. März 2011

Zitate von Jesper Juul ...

... aus einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (19./20. Februar):
"Wenn die Erwachsenen nicht genug Zeit für sich selbst haben und die Eltern nicht für sich als Paar, dann widmen sie den Kindern unter Garantie zu viel Aufmerksamkeit. Kein Kind will Aufmerksamkeit. Es braucht Beziehung, will am Leben seiner Eltern teilhaben."

"Kinder müssen auch lernen, wie man wieder runterkommen kann. Man kann seiner Kindern sagen: Ich bin gestresst heute. Kannst du mir helfen? Dann nimmt man die Hand des Kindes und legt sie sich auf den Bauch und atmet einfach ein paar Minuten. Später kann man das ungekehrti machen. Willst du eine Hand? Und dann hat das Kind etwas sehr Wertvolles gelernt."

"... dabei kann ich mir vornehmen, meine Kinder in den kommenden Wochen einfach zu genießen. Dann lerne ich, dass es auf meine Haltung ankommt. Was Kinder wirklich brauchen, ist, dass sie einfach nur dabei sein und die Eltern sich über sie freuen."

"... Wir sind einfach Vorbilder, punktum. Es gibt kein richtig und falsch. Kinder haben kein Problem mit Fehlern, solange wir die Verantwortung dafür übernehmen un dzu zunseren Grenzen stehen. Wenn Eltern das nicht tun, fühlen sich die Kinder schuldig. Das meiste, was wir heute gut machen, haben wir doch durch schlechte Vorbilder gelernt, von denen wir sagen: So will ich nicht sein."

"Der gemeinsame Lernprozess zwischen Eltern und Kind/ern macht sehr gute Beziehungen - nicht das sog. richtig oder falsch machen. Wenn ich der Lehrer bin und das Kind der Schüler, haben wir keine Beziehung, dann spielen wir Rollen. Das heißt nicht, dass die Kinder die Autorität haben sollen. Es heißt nur: Nimm das Feedback von deinem Kind ernst."

"Kinder brauchen führung. Sie sind gleichwürdig, aber nicht gleichberechtigt. Sie brauchen Eltern, die mehr oder weniger wissen, was sie wollen. Die Grenzen sollten sich aber nicht aus Konventionen ergeben. Es sollten persönliche Grenzen sein. Es ist völlig okay zu sagen: Ich will keine Geschichte vorlesen, ich bin müde."

"Belohnung ist die postmoderne Version von Bestrafung. Das schafft keine Nähe-Beziehung. Das ist ein Verhältnis zwischen Chef und Mitarbeiter."

"Mit Reden, Ehrlichkeit und Authenzität hat man Erfolg bei Kindern und hilft Ihnen, sich zu mental und psychosozial gesunden Erwachsenen zu entwickeln. Mit dieser Art von Beziehung kann man z.B. Drogen- oder Mediensucht im Kindesalter vorbeugen. Es braucht gegenseitigen Respekt und eine gemeinsame Sprache - und das nicht erst, wenn das Kind in der Pubertät ist, denn dann ist es meist schon zu spät..."

"In der Autonomiephase fangen kinder an, Selbstvertrauen aufzubauen. Wenn sie immer wieder neun sagen, heißt das nichts anderes als: Ich b in autonom. Wenn man das so hinnimmt, passiert nichts. Aber wenn man es persönlich nimmt, wird es schwierig. Dann beginnt der Kampf."

"Die Beziehung zwischen Kindern und Erwachsenen basieren auf denselben Elementen wie bei Erwachsenen: Es geht darum, anwesend zu sein, mit dem anderen im Gespräch zu stehen, den anderen zu akzeptieren."

"Wenn ein Kind fünf Minuten zum Anziehen bekommt, muss man es in diesen Minutren gewähren lassen und nicht weiter auf es einrede. Wenn Kinder keine Möglichkeit haben, nein zu sagen, können sie nicht ja sagen. Dann sind sie reine Befehlsempfänger. Das macht sie zu Soldaten und sie spüren, dass ihre Meinung nichts zählt. Es ist ungeheuer wichtig, dass Eltern über sich selbst reden: mir ist es nicht gelungen, dich davon zu überzeugen, dass du dich freiwillig anziehst..."

"Ein No-Go is z.B. zu sagen, 'du bist unmöglich'. Das ist abwertend. Kinder sind offen und daher verwundbar. Warum haben wir als Erwachsene Angst? Weil wir als Kinder so oft verletzt wurden."

"Man darf als Eltern durchaus Weinen, Schreien, Toben. Man darf das Kind nur nicht verletzen und kränken. Neoromantiker glauben, ihre Gefühle schaden dem Kind. Aber die Abwesenheit von Gefühlen schadet dem Kind!"

Quintessenz:
"Wenn wir eine Beziehung haben, gegenseitigen Respekt und eine gemeinsame Sprache, können wir über alle Ängste, Sorgen und Widerstände miteinander reden..."

Mittwoch, 2. März 2011

Korrekt: Ich korrigiere nicht (mehr)

Mellys Zimmer darf auch unordentlich sein
Na ja, so ganz kann ich das natürlich nicht ausschließen. Aber es stimmt schon: Ich habe unlängst das erste Mal bewusst Melly NICHT mehr korrigiert - was ich vor dieser Entscheidung sehr wohl immer und immer wieder gemacht hab. Sie durfte also ihre Traubenkerne auf den Tisch legen, obwohl es mir lieber gewesen wäre, sie hätte sie auf eine kleine Untertasse gelegt, die dafür extra bereit stand. Klingt vielleicht lachhaft, aber für mich war's ein Durchbruch. Ich wurde durch die Montessori-Pädagogen damit konfrontiert: Dort werden die Kinder beim Spielen mit dem Montessori-Material ebenfalls nicht korrigiert. Auch, wenn das vielleicht was anderes ist, aber mir wurde klar, wie sehr ich es selbst verabscheute als Kind, ständig ermahnt zu werden. Und wie wenig ich damit bei Melly erreiche. Es dient ganz oft nur der Befriedigung meines eigenen Perfektionismus'. Man muss natürlich die einzelnen Situationen abwägen. Aber generell tut es mir gut, auch mal über Kleinigkeiten, die mich stören hinwegzusehen.

Mittwoch, 23. Februar 2011

Muss Händewaschen nach dem Essen sein?

F: A. Morlock (Pixelio)
Na klar - dieser Meinung sind wir natürlich auch. Dass Kinder da eine andere Meinung haben, ist ebenso klar, aber wie bringe ich Melly in diesem Fall zum Kooperieren? Indem ich ihr erklärt hab, dass sie mit fettigen (oder klebrigen) Händen am Spielzeug kleben bleiben wird. Die Bedeutung des Wortes "Kleben" kennt sie schon lange und so dauerte es nicht lange mit der Einsicht, dass es keinen Nutzen mit sich bringt, wenn die Hände nach dem Essen schmutzig bleiben.
Sie spürte es selbst. Zumindest lässt sie sich somit die Hände mit einem nassen Waschlappen abputzen. Ist ja schon mal was. Und das Händewaschen vor dem Essen kriegen wir auch noch irgendwann in den Griff ... Und wer jetzt einwirft: Ist mir alles zu mühsam - Kinder müssen parieren. Dem kann ich nur entgegnen: Sie parieren schneller, wenn sie es von selber einsehen. Und das können sogar schon Zweijährige...

Mittwoch, 16. Februar 2011

Gibt es "sanfte" Gewalt?

Ist schon wieder Mitternacht. Liegt dieses Mal aber nicht an Melly und ihren Zähnen. Dieses Mal hab ich die Zeit verbummelt. Die letzten Tage waren wir zweimal draußen - trotz ihrer Schmerzen am Zahnfleisch. Sie kooperiert plötzlich ganz von allein in diesem Punkt. Dabei hatten wir uns vorgenommen, eine neue Taktik anzuwenden: Wenn sie nicht rausgeht, nicht mehr mit ihr in der Wohnung weiterzuspielen. Ihr also die "Aufmerksamkeit" zu entziehen, damit sie merkt, dass es nicht egal ist, ob wir uns in der Wohnung oder draußen aufhalten. Vielleicht probiere ich es morgen (16.2.) mal aus - da bin ich mit ihr längere Zeit allein. Bevor mir die Decke auf den Kopf fällt, versuch ich die neue Taktik der "sanften" Gewalt, die sich irgendwie wie Manipulation anfühlt. Aber alles andere haben wir schon durch ...

Freitag, 11. Februar 2011

My Home is My Castle

Zuhause ist's doch am Schönsten. Ein geflügeltes Wort, ebenso abgedroschen wie wahr. Melly ist die Verkörperung dieser Binsenweisheit - vermutlich eine der Jüngsten auf dieser Erde. Denn wenn man den Kommentaren der Raben-Muttis im Blog der Rabeneltern glauben darf, dann kennen die meisten Eltern das nicht, was wir praktisch täglich erleben: "Wollen wir rausgehen?" Melly: "Nein. Bücher anschauen." So oder so ähnlich läuft das tagtäglich, egal, wie bestimmt wir auftreten, wie sehr wie sie locken. Wir haben sie auch schon mal mitgenommen, obwohl sie nicht wollte, und sind unverrichteter Dinge umgedreht, weil unser Kind den Eindruck machte, als würde sie vor lauter Schreien einen Herzinfarkt bekommen. Wahrscheinlich hätte eher Mama oder Papa dieses Schicksal ereilt. Ich hab bereits in einem früheren Post davon erzählt (es ging um einen Termin beim Kinderarzt).

F: G. Havlena (Pixelio)
Der Buggy war die Rettung

Sie scheint nix zu vermissen (war ja zu früheren Zeiten oft genug draußen). Gleichwohl und weil wir die Situation immer unerträglicher empfanden, ging es gestern doch - wir konnten zum Geburtstagfeiern zum Montessori Kinderhaus. Auch dieser Termin war die letzten beiden Wochen nicht zustande gekommen, obwohl Melly eigentlich gern dort ist. Dieses Mal lockte sie meine Frau mit dem Buggy, die Strategie ging auf. Die Feier war prima, alles eitel Sonnenschein, bis wir nachhause wollten (ich war der Überraschungsgast in der Mutter-Kind-Gruppe:)

Loslassen - ist so leicht nicht

Da Melly müde war und gestillt werden wollte, gab's nach eineinhalb Stunden zum ersten Mal tränen. Ich hatte ihr gerade ein Wimmel-Buch zum Anschauen gegeben, da rief die Erzieherin "Aufräumen, wir gehen jetzt runter!" Schlechtes Timing, da fehlte mir die Erfahrung. Dann wollte sie zwei Holztiere nicht mehr aus der Hand legen, was schließlich doch gelang, in dem ich sie mit zwei Schokolinsen tauschte. Am Ende ließ ich es zu, dass sie sich einen Plüsch-Eisbären von einem anderen Kind "ausborgte", den sie ebenfalls nicht mehr hergeben wollte. Da ich inzwischen selbst müde und ungeduldig war, nahm ich ihn ihr an der Türschwelle einfach aus der Hand. Der Protest war tränenreich, laut und dauerte so ziemlich den ganzen Heimweg. Die Mama musste sie tragen, ich schob den Buggy. So nach einer Stunde Kuscheln mit Mama im "home sweet home" war dann alles wieder gut. Ist sie nun traumatisiert und geht nie wieder zur Mäusegruppe? Kann und will ich nicht glauben. Aber die Angst vor dem Stubenhocker-Dasein ist noch nicht aus meinem Kopf gewichen. Und eine Patent-Lösung ist das mit dem Buggy auch nicht - genauso, wie es keine Lösung ist, sie rauszuzerren. Wir dürfen also weiter beten - für Kreativität und Weisheit, und dass sich Mellys Einstellung zum Draußen-Spielen mit dem beginnenden Frühling ändert.

Freitag, 4. Februar 2011

Kreatives Ablenken

Wenn Melly Gegenstände durch die Wohnung wirft, möchte ich ihr am liebsten lautstark Einhalt gebieten. Und wenn sie nicht sofort auf mich hört, dann fange ich erst recht an zu kochen und zünde die nächste Raketenstufe in punkto Schelte und Maßregelung. So war ich's von Zuhause gewöhnt, so kenne ich es auch von anderen, und ich wette, ich hätte die Zustimmung von 90 % aller Eltern auf der Welt.
Foto: MaryL / pixelio.de
Wie meine Frau die Situation letztlich entschärft hat, hat mich jedoch mal wieder eines Besseren belehrt: Sie bot Melly in ruhigem Ton zwei kleine, bunte Schaustoffbälle zum Werfen an und animierte sie dann, gemeinsam mit ihr die überall verstreuten Holzbauklötze nach Farben geordnet in kleine Schächtelchen einzusortieren. Ruckzuck waren in unserer kleinen Familie wieder Ruhe und Harmonie eingekehrt.
Das hat mir dann schon echte Bewunderung abgerungen. Ramona meinte nur: Das hab ich schon mal so gemacht... offenbar hatte es auch beim ersten Mal funktioniert.
Im Kloeters Erziehungskonzept ("Kindererziehung durch Selbsterziehung", auch Kloeters' Elternbriefe genannt) heißt es dazu zum Thema "Mama an den Haaren ziehen" (Elternbrief 5, "Setze Verbote richtig durch", S. 53): Wenn die Eltern nun angemessen reagieren - wenn sie das Kind ruhig abwehren und ihm vergleichbare, legale Möglichkeiten anbieten -, dann verschwindet dieses Verhalten wie von selbst...
Nun braucht es "nur" noch die richtige Dosis Kreativität, Spontanität und innere Gelassenheit - aber all das ist entwicklungs- und ausbaufähig. Ich bin selbst gespannt, wie sehr ich darin zunehmen werde.

5. Februar: Melly wollte sich mal wieder nach dem (Abend)Essen nicht die Hände waschen. Dieses Mal holte ich einen feuchten Waschlappen (auch nicht zum ersten Mal) und wischte ihr damit überfallartig eine Handfläche ab. Natürlich war sie empört, so überrumpelt worden zu sein. Ich blieb gelassen und erklärte ihr, dass sie nach dem Essen klebrige Hände hat und deshalb ihr Spielzeug an den Händen kleben bleiben würde. Das schien ihr einzuleuchten, denn gleich danach nahm sie mir den Waschlappen aus der Hand und wischte sich die zweite Handfläche damit ab... Wow, ich war begeistert - so kann's weitergehen!

Donnerstag, 27. Januar 2011

Kann man was tun, damit das Kind kooperiert?

Viel ist passiert seit dem letzten Eintrag. Letzte Woche wollte Melly in der (Montessori) Mäusegruppe, also der Gruppe für die Kleinsten (ab 18 Monate) einige Murmeln nicht mehr aus der Hand legen. Alles gute Zureden half nicht, bis Ramona nach 15 Minuten intuitiv Melly ausdrückte: "Ich verstehe, dass du die Murmeln behalten möchtest. Sie sind wirklich sehr schön. Leider gehören sie uns nicht. Wir haben zuhause aber auch ganz tolle Murmeln..." Das ehrlich gemeinte Verstehen ihrer Not öffnete Mellys Hand und sie gab die Preziosen - unter Tränen, aber freiwillig - aus der Hand. Sicher hätte man mit Mellys Trotzreaktion auch ganz anders umgehen können - doch dann hätte sie sich nicht ernst genommen gefühlt. Und genau das ist laut Jesper Juul ("Das kompetente Kind") meistens der Türöffner zur Kooperation.
In meinem Fall genügte eine ehrliche Zugewandheit und ein liebevoller Umgang, um Melly dazu zu bringen, zunächst auf den Topf zu gehen; und dann ihre Bücher nicht weiter auf den Boden zu werfen, sondern mir beim Vorlesen zu lauschen. Ich spüre, dass mit dem Maß meines herzlichen Umgangs mit Melly auch ihr Wille bzw. ihre Fähigkeit zur Kooperation steigt. Umgekehrt spürt sie meine Gleichgültigkeit oder meinen Ärger und kooperiert nicht. Ihr Verhalten ist also nicht Willkür oder launenhaft, sondern hängt unmittelbar mit meinem Zusammen.

Zudem kooperiert Melly nicht, wenn sie quasi unterzuckert ist. Das heißt: Hungrig nach Essen, Schlaf, Nähe oder Spiel. Dies war heute (26. Januar) der Fall. Wir wollten um 13.15 Uhr zum Kinderarzt und hofften, sie würde im Auto auf dem Weg dorthin ihren Mittagsschlaf halten. Doch ihr Bedürfnis war, zuhause im Bett richtig auszuschlafen und nicht nur 45 min. im unbequemen Autositz. Wir merkten, dass sie quängelig wurde, mit Bauklötzen um sich warf, was sie im ausgeschlafenen Zustand nicht macht. Sie ins Auto zu zwingen, hätte niemandem was gebracht. Wir blieben gelassen, verschoben den Termin (war eh nichts Wichtiges) und genossen die 90 Minuten unverhoffte Freizeit, die uns (Mama und Papa) das gebracht hat. Wir hätten sie natürlich zwingen können mitzukommen, aber das hätte nur Streit, Geschrei und unnütze Tränen verursacht. Wozu? Um zu sagen: Wir haben unseren Willen durchgesetzt und lassen es nicht zu, dass ein Kind über uns bestimmt? Nein, das Kind bestimmt nicht, sondern wir bestimmen, wann wir nachgeben bzw. wann wir unser Vorhaben durchziehen. Für einen Routinebesuch beim Arzt wäre uns der Preis zu hoch gewesen...

 Ansonsten hilft nur: Liebe zeigen, Geduld und Nachsicht. Denn wenn das Kind nicht von sich aus will, dann hat das seinen Grund. Und den verstehen wir nicht immer gleich. Melly wollte am Donnerstag nicht in die Kindergruppe mitgehen - obwohl sie sonst gerne geht. Hier waren wir zunächst sehr entmutigt, bis wir gecheckt haben, dass es ihr nicht gut geht (langer Mittagsschlaf, Quängeln, großes Nähe-Bedürfnis). Auch Nachsicht mit einem selbst, wenn man nicht immer glücklich mit dem ist, wie es läuft.

Mittwoch, 19. Januar 2011

Erkennen, was Sache ist - nicht gleich urteilen

Eine Kinderseele zu verstehen erscheint mir äußerst schwierig - und ich bin sicher, ich stehe damit nicht allein. Man kann und sollte sogar sein Kind immer besser kennenlernen, aber es ist und bleibt ein Geheimnis des Lebens, warum der Erwachsene so ganz anders denkt, fühlt und handelt wie ein Kind. Obwohl er doch selbst mal eines war. Mit zunehmendem Alter (des Nachwuchses) wird das sicher etwas einfacher, aber eine Zweijährige ist so vollkommen in ihrer eigenen Welt und noch so unbelastet von schädlichen Einflüssen, dass selbst der Weltmeister der Intuition scheitern wird, wenn er glaubt, immer sofort zu wissen, was ein Kind denkt oder warum es wie handelt.
Zurück zum Leben: Seit dem wir von Mellys Großeltern zurück sind, ist alles wieder anders: keine feste Struktur, keine festen Zeiten, kein festes Zubettgehen, keine feste Mittagsschlafzeit - und mit der Sauberkeit ist es auch nicht mehr weit her. Das war in den Weihnachtsferien völlig anders: Melly hat in den neun Urlaubstagen nicht einmal auf den Teppich gepullert (Windeln trägt sie schon seit einem Jahr nicht mehr), nicht einmal ins Bett, nicht einmal in die Hose (wenn sie denn eine anhatte) - sondern ging ausnahmslos und selbständig auf Töpfchen. Und mit Oma sogar einmal auf die Toilette. Das das scheint Jahrzehnte her zu sein.
Die noch fehlenden vier Backenzähne malträtieren Körper, Seele und Geist unserer kleinen Familie - nicht immer, aber immer öfter. Kein Zubettgehen vor 23 Uhr, kein Aufwachen vor 10 Uhr, kein Mittagsschlaf vor 14 Uhr. Und der Gang aufs Töpchen wurde mehr und mehr zur Ausnahme. Ob's nur die Zähne sind? Wer weiß. Aber ich hüte mich vor voreiligem Urteilen. Erst gestern wurde ich zeuge, wie Melly versucht hat, im Stehen ins Töpfchen zu pullern. Ich hielt es erst für Zufall, da sie praktisch über den Topf stolperte. Doch Melly sagte: "Papa im Stehen pullern...". Da wurde mir klar, dass sie mich einfach nur imitiert - und deshalb häufig zuhause im Stehen Pipi macht. Leider nicht immer in den Topf.
Wenn du zornig bist, setzt Liebe dagegen
Apropos Imitation: Gefreut hab ich mich heute über einen Ausruf von Melly, der sonst eher von meiner Frau kommt: "Danke, Papa!", sagte sie liebevoll, als ich ihr etwas aufhob und brachte. Ich war - nein, bin gerührt. Denn das "Danke" kam so ganz aus dem Herzen... und das entschädigt für vieles.

Montag, 17. Januar 2011

Einfühlungsvermögen bei Kindern - eine Ente zum Kauen...

Ein wichtiger Aspekt bei der gleichwürdigen Kindererziehung, bei der die Eltern auf Freiwilligkeit setzen, ist das Einfühlungsvermögen. Je besser ich die Untiefen bei meinem Kind kenne, desto besser kann ich mich auf seine Bedürfnisse einstellen und eventuelle Klippen (Probleme) schon im Vorfeld umschiffen. So hat sich Melly heute an einem relativ hochwertigen Halstuch, mit dem sie gespielt hat, verbissen und es nach mehrmaliger ruhiger und schließlich entschiedener Aufforderung nicht aus dem Mund genommen. "Nein!" sagte sie und ich merkte, wie in mir Ärger aufkeimte. Dann erinnerte ich mich, dass sie ja immer noch so sehr unter dem Zahnen leidet und ihr die Mama dann immer etwas zum Beißen anbietet. Zum Beispiel ein Stück Fenchel, auf dem sie kauen kann, oder ihr kleines Kautschuk-Entchen.

Dieses Mal genügte schon die Frage nach Globolis, die sie sofort mit "ja" beantwortete und daraufhin das Tuch bereitwillig beiseite legte. Ich hatte richtig gelegen: Sie biss nur auf das Tuch und ließ nicht los, weil sie Zahnprobleme hatte. Mit ein bisschen Fantasie und Einfühlungsvermögen lassen sich also rigorose Aktionen wie "Ich nehm dir das jetzt weg, wenn du es nicht freiwillig hergibst" ganz gut vermeiden...

Samstag, 15. Januar 2011

Stillen und Essen

"Mammamm" - das Baby-Wort für Essen war eines der ersten, das Melly beherrschte. Und schon als Kleinkind strich sie sich dabei mit der Hand über den Bauch - mmm, lecker! Es war eigentlich sehr einfach, sie zum Essen zu bringen, wir mussten nicht viel machen, als sie ins Stühlchen zu setzen und zuschauen zu lassen. Das ging allerdings erst so richtig mit einem Jahr, vorher wurde sie voll gestillt. Allergien? Eisenmangel? Fehlanzeige, sie war im ersten Jahr so bumperlg'sund, dass ein paar rote Flecken auf der Haut der einzige Grund zur Besorgnis waren...
Insofern ist die Studie hier unserer Meinung nach der reinste Hohn (und womöglich gesponsert von der Babynahrungsmittel-Industrie):
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,739537,00.html.



Zum genauen Ess- und Stillverhalten gibt es eine Menge zu sagen - Fortsetzung folgt in Kürze...

Intuition

Noch ein kurzer Nachtrag zum Thema Intuition: Oft spüren es die Eltern, wann ihr Kind aufs Klo muss - wobei dieses Gespür mit der Zeit wächst. So setzte die Mama Melly heute früh um halb sechs aufs Töpfchen und siehe da - es klappte. Obwohl sie sonst nachts ohne Toilettengang durchschläft und erst morgens nach dem Aufstehen aufs Klo geht (oder neuerdings einfach wieder vors Bett auf den blanken Parkettboden pullert ...).

Es gibt mächtige Widersacher...

... zum Beispiel die eigene Ungeduld, die eigenen Erwartungen, die eigene Vergangenheit und die Muster, die man mitbringt, die Großeltern mit ihrer Kritik - oder auch ganz konkret die Probleme des Kindes beim Zahnen.
Das zumindest hat uns die Erfahrung der letzten Woche gezeigt. Keine Chance, vor 23 oder 24 Uhr ins Bett zu kommen, da waren Mama und vor allem Papa ziemlich am Ende ihrer Kräfte und nervlichen Ressourcen angelangt. Am Abend vom 13. auf den 14. Januar half nicht mal das neue Zahnungsöl von Ingeborg Stadelmann (Deutschlands bekannteste naturheilkundliche Hebamme, "Die Hebammensprechstunde") und auch die doppelte Zahl an Chamomilla-Globoli zeigte keine (erkennbare) Wirkung.
Glücklicherweise gibt es dann zwischendrin immer wieder auch eine Pause, so wie heute (14. Januar), wenn Melly lange schläft (bis 10.45 Uhr), trotzdem früh mittags zu Bett geht (13.30 Uhr), dann nicht länger als eine Stunde Mittagsschlaf hält und abends einigermaßen früh müde ist. So dass man unterm Strich doch sagen muss: Es reguliert sich alles von selbst, sie holt sich den Schlaf, den sie braucht, und kommt von alleine wieder in einen gesunden Rhythmus.

Wir werden das natürlich die nächsten Tage weiter beobachten...

Schlafen gehen

Der dänische Autor Jesper Juul ist der Ansicht, das Kind an sich ist vollständig kompetent - auch wenn wir Erwachsenen das nicht glauben wollen. Unsere Erinnerung an diese Zeit ist ja leider vollständig ausgelöscht, sonst wüssten wir, dass wir auch gerne selbst entschieden hätten, wann wir schlafen, essen und uns anziehen wollen.

Schlaf und Müdigkeit kommt von alleine

In Mellys Fall bedeutete und bedeutet das: Wenn kein Zahn kommt, ist es ein halbwegs praktischer Rhythmus - ein bis zwei Stunden Mittagschlaf ab 13 Uhr, zu Bett gegen 21 Uhr, Schlafen bis um acht. Nur leider gab es in den vergangenen zwei Jahren gefühlte 21 Monate, in denen mindestens ein Zahn von unten anschob und Melly aus ihrem gesunden Schlafrhythmus brachte. Womit es um unsere (bzw. vor allem meine) Geduld geschehen war. Denn aus 21 Uhr wurde schnell 23 oder 24 Uhr, so manches Mal bin ich um Mitternacht mit Melly im Tragetuch losgezuckelt, bis um halb halb eins Schlaflieder singend ums Haus gelatscht, Traumsand pustend an den geliebten Hasen vorbei. So hat sie dann aber auch als erstes Schlaflieder gelernt, "Schlaf Kindchen Schlaf" oder "Leise Peterle leise".
"Behütet" - F: Grace Winter (Pixelio)

Die Alternative wäre gewesen, sie beizeiten ins Bett zu stecken, womöglich noch ihr eigenes, und sie schreien zu lassen. Doch das kannte ich zumindest aus eigener leidvoller Erfahrung und kam schon deshalb für mich nicht in Frage. Ein Kind schreiben zu lassen - wozu soll das dienen? Zur Abhärtung? Vielleicht, aber wir bringen es nicht über uns und haben gemerkt: Es geht auch ohne Zwang.

Momentan allerdings noch mit dem Wermutstropfen, dass sie nur mit Hilfe von Ramonas Brust oder dem Tragetuch einschläft - und das in unserem Bett. Also auch Langzeitstillen und -Familienbett gehört zu unserem Erziehungskonzept. Aber davon später mehr...

12. Januar:
Aus aktuellem Anlass sei hier eine Episode erwähnt, die zeigt, wie man es nicht machen soll: Meine Frau wollte heute am frühen Nachmittag einen Zahnarzttermin in München wahrnehmen. Wir haben versucht, Melly so rechtzeitig wie möglich darauf vorzubereiten, dem Anlass bzw. der unsicheren Planung entsprechend war das leider nur gut eine Stunde vorher. Melly sollte mitkommen, da sie aufgrund akuter Zahnungsbeschwerden morgens bis um halb elf Uhr geschlafen hatte und nicht mehr vorher ihren Mittagsschlaf machen konnte. Der Plan war: sie sollte im Auto schlafen, da wäre sie bei Mama, könnte zwischendurch mal an der Brust nuckeln und ich könnte im Auto weiterschlafen, während Ramona ihren Termin wahrnimmt. Um es vorweg zu nehmen: Es hat nicht geklappt. Sie war innerlich nicht bereit, wollte zwar einerseits mitkommen, um uns den Gefallen zu tun, spürte aber, dass ihr Bedürfnis ein anderes war: Mit Mama ins Bettchen gehen, um dort an der Brust einzuschlafen.
Inzwischen war ich aber so ungeduldig geworden, dass ich sie bei geöffneter Haustüre anbrüllte - etwas, was unsere Tochter gar nicht gerne mag, insbesondere, wenn sie zahnt, bedürftig und müde ist. Die Folge war fast so etwas wie ein hysterischer Anfall mit panischem Weinen und einer völlig aus ihrer Mitte entrückten Zweijährigen, die ihr akutes Bedürfnis nach Nähe, Kuscheln und  Schlafen akut bedroht sah.
Dies alles wurde mir bzw. uns auch erst NACHHER bewusst, immerhin konnte Melly dann mit ihrer Mama recht schnell einschlafen. Ramona kam dadurch zwar etwas später weg bzw. etwas zu spät zum Zahnarzt - aber trotzdem muss man her sagen: Ende gut, alles gut.
Was hätten wir besser machen können? Nun, wir lernen unsere Tochter immer besser kennen und wissen oft schon, was ihr Bedürfnis ist - aber leider eben nicht immer. Da müssen wir dran bleiben - und auch dafür beten, denn man kann von einer Zweijährigen noch nicht erwarten, dass sie in nächster Zeit ihre Bedürfnisse zuverlässig und berechenbar aussprechen kann, obwohl auch das schon ab und zu ganz gut klappt. Nein, ein Kind unter fünf Jahren ist ganz gewiss noch nicht berechenbar (evtl. mit Aussage v. Montessori belegen) und man muss auf alles gefasst sein.
Zwei Dinge fallen mit spontan ein: Das erste ist klar - ein Wutausbruch von Papa ist nie fruchtbar und führt auch nie zum gewünschten Ergebnis. Es sei denn, man wendet akuten Zwang an und setzt seine überlegene körperliche Kraft ein. (Da braucht es weiterhin viel Gebet und Nachsicht - mit mir selbst)
Stattdessen ist in heiklen Situationen Geduld und Einfühlungsvermögen gefragt. Wenn bis zum Schluss nicht klar ist, was das Kind braucht und möchte - denn es hat die Kompetenz zu wissen bzw. spüren, was es will und vor allem auch, was nicht - dann muss man es mit der Konsequenz seiner Entscheidung in Ruhe konfrontieren. In diesem Fall: "Wenn du jetzt nicht mitkommem willst, dann fährt die Mama alleine zum Zahnarzt. Wenn du jetzt mitkommst, kannst du mit Mama im Auto schlafen." Nun kennt sie intuitiv die weiteren Konsequenzen: Bleibe ich hier, kann ich nicht mit Mama ins Bettchen, um meinen Mittagsschlaf zu machen. Die Entscheidung liegt beim Kind - das ist das Entscheidende.
Fährt sie mit - gut. Fährt sie nicht mit, muss Papa mit der Situation zurandekommen. Es gibt schließlich das Tragetuch, und mit ein paar Tränen Mellys bin ich allemal schon klar gekommen. Dieses Mal hatten uns leider die Furcht vor meinem maladen Rücken und die Bedenken wegen ihrer Bedürftigkeit die innere Sicherheit geraubt. Das wird uns hoffentlich nicht so schnell noch mal passieren.

Kein Zwang - Mein Kind macht's von allein... VORWORT

Die Entscheidung "Wir wollen Melly zu nichts zwingen" war nicht einfach - und kam nicht einfach über Nacht. Bücher haben uns inspiriert und geholfen, Melly so ungezwungen wie möglich zu erziehen. "Auf der Suche nach dem verlorenen Glück" von Jean Liedloff war so ein Glücksfall für uns. Auch die Bücher von Jesper Juul (vor allem "Das kompetente Kind"), Maria Montessori ("Kinder sind anders" und "Es geht auch ohne Windeln" von Ingrid Bauer gehören dazu Doch letzten Endes bestimmt und bestimmte immer das Herz unser Handeln als Familie.
Weil wir es für wichtig halten, sich umfassend zu informieren, wollen wir gleich mal ein Zitat eines bekannten Autors und klugen Mannes anführen, Dale Carnegie: "Wir müssen immer bedenken, dass unsere Kinder zum größten Teil das sind, was wir aus ihnen machen."
Da wir uns dieser Verantwortung als Eltern von Anfang an bewusst waren, war und ist unser Ziel, Melly die größtmögliche Liebe zuteil werden zu lassen.
Nun, werden Sie sagen, wer will das nicht? Natürlich ist die Liebe zum Kind ein normales Eltern-Prinzip, das sich allerdings mannigfaltig ausprägt. Für Ramona und mich (Peter) bedeutet es: Geduld, Geduld und noch mal Geduld. Für mich, der ich wie mein Vater ziemlich jähzornig bin, eine enorme Herausforderung ...